Die Dürre bringt Bäuerinnen und Bauern in Not
Es ist ein hartes Jahr für europäische Landwirte und Landwirtinnen. In einigen Regionen Deutschlands gehen nach Schätzungen des Bauernverbands zwei Drittel der sonstigen Ernte verloren. Schuld ist die anhaltende Dürre, die sich nicht nur über weite Teile Deutschlands, sondern über ganz Mittel- und Nordeuropa erstreckt. Versicherungsunternehmen rechnen für dieses Jahr mit mehr als zwei Milliarden Euro Schäden in der Landwirtschaft durch Dürre, Hagelschäden, Überschwemmungen und Spätfröste.
Ernteeinbuße, Notschlachtungen und Brandgefahr
Seit Juni besteht außerdem akute Brandgefahr für Wald- und Feldflächen im Norden und in der Mitte Deutschlands, Schweden erlebt gerade die schlimmsten Waldbrände moderner Zeiten. Zusätzlich zur Brandgefahr drohen vor allem Nadelbäume, deren Wurzeln nicht sehr tief in die Erde reichen, wegen Wassermangel abzusterben.
Der Deutsche Raiffeisenverband geht bei der Getreide- und Rapsernte von einem Einbruch von sieben Millionen Tonnen auf 41,4 Millionen Tonnen aus. Damit läge der Ertrag in diesem Jahr rund zehn Prozent unter dem von 2017. Auch auf den Tierbestand wirkt sich die Trockenheit aus. Wegen Futterknappheit wurden in der Woche vom 9. bis zum 15. Juli deutschlandweit rund 49.000 Rinder geschlachtet. Das sind 4.000 Tiere mehr als letztes Jahr in derselben Zeit.
Klöckner wartet Erntebericht ab, die AbL sieht dringenden Handlungsbedarf
Bundesagrarministerin Julia Klöckner will erst auf den Erntebericht warten, bevor sie ein finanzielles Einspringen von Seiten des Bundes verspricht. Handlungsbedarf in Anbetracht der zunehmenden extremen Wetterlagen sieht sie vorerst nicht. Wetterextreme und -kapriolen habe es schon immer gegeben, sagt sie in einem Interview im Deutschlandfunk.
Der Bundesvorstand der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft fordert Klöckner auf, sehr zeitnah einen Agrargipfel der gesamten Agrar- und Ernährungsbranche einzuberufen. Die AbL weist darauf hin, dass auf keinen Fall alle Verluste mit staatlichen Transferleistungen ausgeglichen werden können. „Nur faire Erzeugerpreise, die den tatsächlichen Aufwand honorieren und die Mindererlöse kompensieren, können die Betriebe wirklich stabilisieren“, kritisieren die SprecherInnen des Verbands. Die höheren Kosten wären den KundInnen auch durchaus vermittelbar, zumal wir doch in der Gesellschaft auf Verständnis für unsere Lage treffen, so die Einschätzung.
Der schleswig-holsteinische Agrarminister Robert Habeck spricht von „glühenden Landschaften“ und rechnet mit dramatischen Einbußen für Bauern und Bäuerinnen. In einem Interview mit der „Welt“ fordert er von der Landwirtschaft, den Tierbestand zu reduzieren: "Ein Betrieb sollte nur so viele Tiere haben, wie er mit dem Ertrag seiner Flächen grundsätzlich ernähren kann." Betriebe, die weniger Kühe haben, würden dann eine höhere Prämie bekommen.
„Nur faire Erzeugerpreise, die den tatsächlichen Aufwand honorieren und die Mindererlöse kompensieren, können die Betriebe wirklich stabilisieren“
Die Lösung: Nachhaltige Umbaumaßnahmen und faire ErzeugerInnenpreise
Direkten Schutz vor Trockenheit oder Starkregen böten neue Bewässerungssysteme, Hagelschutznetze oder Versicherungen gegen Dürre und andere Wetterextreme. Die Umbaumaßnahmen würden für Bauern und Bäuerinnen jedoch zusätzliche Kosten bedeuten, die durch staatliche Förderung eingedämmt werden könnten.
Weitere nachhaltige Lösungsansätze für den Umgang mit extremen Wetterlagen wären abwechslungsreichere Fruchtfolgen, Mischkulturen und widerstandsfähige, alte Sorten. Diese liefern zwar teilweise weniger Ertrag und alternative Anbaumethoden machen oft mehr Arbeit, aber dafür würden die Äcker zukunftssicher für den Klimawandel. Da die Böden durch intensives Bewirtschaften immer schlechter werden und immer weniger Wasser aufnehmen, lohnt es sich außerdem, in Trockenregionen über Agroforstsysteme nachzudenken. So nennt man den Getreideanbau unter Bäumen, die Schatten spenden und deren Wurzeln den Boden erhalten und seine Fähigkeit, Wasser aufzunehmen, erhöhen. Die Vorteile eines Umsteuerns wären nicht nur zuverlässigere Erträge, sondern auch saubere Gewässer mehr Lebensraum für wilde Tiere und Pflanzen in einer vielfältigen Landschaft.
Auch VerbraucherInnen können etwas ändern. Gerade während der Trockenperiode müssen Landwirtinnen und Landwirte manchmal zweimal am Tag Futter und Trinkwasser auf die Weiden karren, um ihre Tiere zu versorgen. Ein Milchpreis von aktuell 32 Cent je Kilogramm ist schon ohne Mehrarbeit zu niedrig. Helfen kann man den Milchviehbetrieben durch den Kauf von Milch direkt vom Hof - so umgeht man den Handel und und der produzierende Betrieb bekommt mehr Geld.
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