Agrarministerkonferenz: Proteste der Milchbauern, NGOs warnen vor Strukturbruch in der Landwirtschaft

„Wir kämpfen um die nackte Existenz!“ So drastisch lautet der Appell des Bundesverbands Deutscher Milchviehalter (BDM) bei der Agrarministerkonferenz in Fulda. In einer Presseerklärung fordert der Verband „Beschlüsse zu fassen, die ohne Wenn und Aber die Milchmarktproblematik an der Wurzel anpacken, d.h. das bestehende Überangebot an Milch in Angriff nehmen, damit sich der Markt und damit die Erzeugerpreise schnell erholen können.“ Derzeit liegen die Milchmarktpreise bei unter 28 Cent pro Liter. Bei diesem niedrigen Preisniveau können vor allem kleinere Michbetriebe nicht mehr wirtschaftlich produzieren.

 

Rückendeckung für ihren Protest erhielten die Michbauern von 21 NGOs, darunter die Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft (ABL), der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), der Deutsche Tierschutzbund sowie die Kampagne Meine Landwirtschaft, die sich gestern in einem offenen Brief an Agrarminister Schmidt (CSU) wandten. Auch sie fordern eine kurzfristige Mengenreduzierung in der Milchproduktion. Dies könne zum Beispiel dadurch gelingen, Bauern finanziell zu unterstützen, die ihre Milchproduktion freiwillig senken. Bezahlt werden könnten diese Maßnahmen aus den Superabgaben, etwa 900 Millionen Euro, die aus Strafzahlungen der Milchquote aus dem letzten Jahr stammen.

 

Laut dem NGO Bündnis würde die anhaltende Milchkrise vor allem eine noch stärkere Intensivierung der Landwirtschaft bedeuten- zu Lasten der Umwelt, des Tierwohls und der kleinbäuerlichen Landwirtschaft. Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes: „Billigpreise für tierische Produkte senken das Tierschutzniveau in den Ställen. Die Politik ist in der Pflicht, die Weichen entsprechend zu stellen. Der Minister ist gefordert, die Milchmenge auf EU-Ebene zu reduzieren. Für uns heißt Reduktion der Milchproduktion dann konsequenterweise Reduktion pro Kuh – also kurzfristig Umstellung der Fütterung und langfristig eine Abkehr von der Hochleistungszucht.“

 

Grund für den starken Preissturz der Milch seit Beendigung der Milchquote sei vor allem die anhaltende Überproduktion und eine niedrige Exportrate nach Russland und China. Stattdessen könnte nun die billige Europäische Milch die Märkte in Afrika überfluten. So plant Bundesagrarminister Schmidt bereits für Oktober einen „Exportgipfel“.

 

Während der BDM heute weitere Proteste angekündigt hat, kommt ein erstes positives Signal vom deutschen Einzelhandel. So hebt der Discounter Aldi seine Milchpreise zum ersten Oktober um 4 Cent an, Lidl und Netto wollen folgen. Dies kann jedoch nur als ein erster kleiner Schritt in der aktuellen Preisdiskussion um die Milch verstanden werden. Konkrete Beschlüsse von den Agrarministern liegen derzeit noch nicht vor.

 


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