Ende der Milchquote

Mit dem heutigen Tag läuft die Milchquotenregelung aus, die seit 1984 die Milchproduktion auf europäischer Ebene reglementierte. In Deutschland wurden seit der Milchmarktkrise in den 80er Jahren von staatlicher Seite Quoten an Betriebe verteilt, deren Überschreitung durch die Superabgabe sanktioniert wurde. Diese sollte Überproduktion ökonomisch unattraktiv machen, sowie Preise und Einkommen stabil halten. Ab jetzt können Milchviehhalter ihre Betriebe vergrößern, ohne für die Ausweitung der Milchproduktion zusätzliche Milchquoten kaufen zu müssen.

 

Die Reaktionen darauf fallen unterschiedlich aus.

 

Das European Milk Board (EBM), die europäische Interessenvertretung der Milcherzeuger, befürchtet, dass die Milchviehhalter ihre Produktion erheblich steigern und den Markt somit übersättigen werden. Durch diesen Überschuss würden „die Konzerne den Erzeugern ab jetzt die Abnahmebedingungen noch stärker als bisher diktieren. Es drohen Tiefstpreise, da Europas Bauern künftig über noch weniger Marktmacht verfügen, um einen kostendeckenden Milchpreis durchzusetzen“, erklärt Romuald Schaber, Präsident des EMB.

 

Vor dem Brüssler Europaparlament kamen daher gestern Milcherzeuger aus ganz Europa zu einer symbolischen Mahnwache zusammen, um darauf zu verweisen, dass nach Auslaufen der Quote ein neues System notwendig sei, das eine erneute Milchmarktkrise verhindern könne. Das EMB fordert die Umsetzung eines Marktverantwortungsprogramm (MVP), das Milchbauern in Krisenzeiten Anreize gibt, weniger zu produzieren bzw. Abgaben von denjenigen verlangt, die dennoch weiter erzeugen.

 

Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt sieht trotz aller Bedenken des Berufsstands, den Rückzug der staatlichen Einflussnahme als positive Weiterentwicklung der internationalen Agrarpolitik: „Mit dem Auslaufen der Milchquote erhalten auch die Milcherzeuger die Möglichkeit, Chancen und Potenziale der internationalen Märkte gezielt zu nutzen.“ Die Quote habe ihre Ziele, Verhinderung von Preisschwankungen und Strukturwandel, verfehlt und sei „angesichts der Chancen des globalisierten Marktes auch nicht mehr sinnvoll“, so Schmidt. Die Bundesregierung spricht sich somit gegen staatliche Eingriffe in den Milchmarkt aus und vertraut anstelle dessen auf das Funktionieren der Marktmechanismen.

 

Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) fordert die Einrichtung eines effizienten Sicherheitsnetzes für den EU-Milchmarkt. So soll ein Frühwarnsystem für den globalen Milchmarkt eingerichtet sowie die Möglichkeit eingeräumt werden, die EU-Milchanlieferung in Krisenzeiten zu deckeln. Auch über ein Anreizsystem, das es ermöglicht, Milchanlieferungen zeitlich befristet zurückzunehmen, müsse nachgedacht werden.

 

Verbraucher-, Tier- und Umweltschutzorganisationen wie der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und Greenpeace sehen große Risiken vom Auslaufen der Quote ausgehen. Der Leistungsdruck auf Kühe werde sich weiter erhöhen, was Fütterung von Mais und Importsoja bedeute. So werden wertvolle Weidefläche in Ackerland verwandelt werden, was den Verlust von Biodiversität bedeute. Laut Jochen Dettmer, dem agrarpolitischem Sprecher des BUND, seien nun „flexible Mechanismen zur Steuerung der erzeugten Milchmenge entsprechend der Marktlage“ erforderlich. Die produzierte Milchmenge solle dem Inlandskonsum angepasst werden. Zudem solle über eine transparente und verpflichtende Kennzeichnung faire und gentechnikfreie Milch für Verbraucher erkennbar sein.


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