Naturbewusstsein und Landwirtschaft 2015

Gestern erschien die Naturbewusstseinsstudie 2015 des Bundesamts für Naturschutz. Zum ersten Mal wurde sich intensiver damit beschäftigt, wie die deutsche Bevölkerung die Agrarlandschaft wahrnimmt. Die wichtigsten Erkenntnisse daraus sind, dass fast allen 2000 Befragten das Wohl der Nutztiere besonders wichtig ist (93%) und dass die Auswirkungen auf die Natur bei landwirtschaftlichen Entscheidungen berücksichtigt werden sollen (92%).

 

Besonders hervorzuheben ist der Fakt, dass agrarpolitische Instrumente, die auf Naturschutz abzielen, besonders starken Zuspruch in der Bevölkerung finden. Selbst unter dem Hinweis, dass Subventionierungen durch Steuergelder bezahlt werden und strengere Gesetze zu einer Erhöhung der Lebensmittelpreise führen können, befürwortet die große Mehrheit sowohl strengere Regeln und Gesetze zum Schutz der Natur als auch die finanzielle Förderung einer naturverträglicheren Landwirtschaft durch den Staat.

 

Die Situation der Landwirte sieht unterdessen so aus, dass sich ein existenzbedrohender Preisverfall auf dem Markt für Fleisch und Milch breit macht. Laut topagrar klagt der rheinische Landwirtschaftsverband: „Den Nutztieren in Deutschland geht es heute besser als je zuvor, die Tierhaltungsstandards werden immer höher. Nur diese Mehrkosten müssen die Verbraucher nicht zahlen.“ Seit dem Wegfall der Milchquote sinkt der Milchpreis stetig und liegt aktuell bei 28 Cent/l. Der Preis für ein Kilo Schweinefleisch liegt derzeit bei 1,28 €, Tendenz fallend. Als Grund für den Preisverfall wird aktuell die Überproduktion genannt. Landwirte beklagen, dass der Handel und der Verarbeitungssektor die Überschwemmung des Marktes ausnutzen und den Preis nach unten drücken. Der Handel weist alle Schuld von sich: «Selbst wenn wir den Milchpreis um 20 Cent raufsetzen, wird das den Bauern nicht helfen», so Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung.

 

Die Naturbewusstseinsstudie zeigt, dass die Verbraucher sehr wohl bereit sind den Preis für ihre Forderungen nach mehr Tierwohl und naturschützender Ausgestaltung der Landwirtschaft zu zahlen. Die meisten Landwirte sind schon seit Jahren bereit sich den Wünschen der Verbraucher anzupassen und mehr Tierwohl umzusetzen und die Landwirtschaft wieder natur-, und umweltfreundlicher sowie bäuerlicher auszugestalten. Höhere Auflagen müssen den Landwirten entgolten werden und der Verbraucher muss, z.B. durch eine bessere Kennzeichnung der Form der Tierhaltung auf den Produkten, wählen können.

 

Auch die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), die sich schon lange für höhere Erzeugerpreise stark macht, sieht klare Verantwortungen: „Es geht nicht an, dass Handelskonzerne mit ihrer Teilfinanzierung einer „Initiative Tierwohl“ werben und sich gleichzeitig durch Preissenkungen ein Mehrfaches der für den Tierwohl-Fonds gespendeten Summen wieder hereinholen!“, so AbL-Sprecher Eckehard Niemann. Des Weiteren forderte die AbL schon im vergangenen Jahr Handels- und Verarbeitungsunternehmen auf, die gesellschaftlich immer stärker eingeforderten politischen Maßnahmen zugunsten fairer Preise für eine artgerechtere Tierhaltung in bäuerlichen Strukturen nicht weiter zu behindern, sondern endlich ihrer Verantwortung für „Klasse statt Masse“ gerecht zu werden.

 


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