Zwei Bauern-Demos zum EU-Agrarrats-Sondergipfel

Die Wut ist groß bei den Bauern, die am Montag gegen die rasant fallenden Erzeugerpreise auf dem Milch- und Fleischmarkt demonstrieren. Zwischen 5000 und 8000 Bauern machten sich auf den Weg nach Brüssel, da sich dort die europäischen Agrarminister zu einem Sondergipfel trafen. Mit hunderten Traktoren legten sie den Verkehr der Stadt lahm und gingen auf die Barrikaden. Am Ende kam es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei.

 

Zwei Demonstrationen waren angemeldet, die sich in ihren Forderungen an die Politik stark unterschieden. Die Milchbauern und Bäuerinnen, die im European Milk Board (EMB) und Via Campensina organisiert sind, dem auch der Bundesverband der Deutschen Milchviehhalter (BDM) und die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) organisiert sind, stellten die große Mehrheit der Demonstranten dar. Sie fordern ein Ende der derzeitigen Überschussproduktion. Gegen die ruinöse Preispolitik helfe zunächst nur eine politisch koordinierte und kurzfristige Drosselung der Milcherzeugung. Mit einer „blinden Exportstrategie“ würden nur die Preise für alle weiter gedrückt. Auch Subventionen seien nicht die richtige Strategie, um die Milchpreise und den Markt zu erholen.

 

Lediglich hunderte Bauern folgten dem Aufruf des europäischen Bauern- und Genossenschaftsverbands Copa-Cogeca, zu dem der Deutsche Bauernverband, gehört. Zu dessen Forderungen gehört eine starke Exportstrategie mit der Erschließung von neuen Absatzmärkten, günstige Kredite zur Überbrückung von Liquiditätsproblemen und die Förderung von Vermarktungsstrategien.

 

Die in der Sitzung beschlossenen Maßnahmen sind also im Sinne des exportorientierten Bauernverbands. Mit Soforthilfen von 500 Millionen Euro soll der Sektor unterstützt werden. Die Direktzahlungen an Bauern, die üblicherweise erst im Dezember ausgezahlt werden, sollen bereits Mitte Oktober bereit gestellt werden. Auch zinsgünstige Darlehen und das Erschließen neuer Märkte wurden angekündigt.

 

Bereits vor der Demonstration hatten sich die Bauern des EMB gegen das Paket ausgesprochen: „Milch für die Welt bedeutet Milcherzeugung zu Kosten und Standards wie in China, Indien, Südamerika oder in den USA, wo Betriebe mit mehreren Zehntausend Kühen das Bild bestimmen“, so Ottmar Ilchmann, Milchbauer und stellvertretender Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). „Diese Entwicklung wird die Konflikte zwischen Bauern und Gesellschaft bei uns noch weiter anheizen. Auch das wird allein auf dem Rücken der Bauern ausgetragen, während die Exportindustrie unbehelligt ihre Geschäfte macht“ befürchtet er.

 

Nächste Woche findet es weiteres Treffen der EU-Agrarminister statt.


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