Artgemäße Schweinehaltung auf dem Hausberghof

Man hat das Gefühl bis zum äußersten Ende Bayerns zu fahren. Nach der Autobahnausfahrt Dingolfing geht es noch eine weitere Stunde durch kleine Orte und über kurvige Straßen. Auf einer Anhöhe im Rottal, in einer der schönsten Landschaften Niederbayerns, liegt er dann: der Hausberghof.

Wenn man es an der wehrhaften Gänseschar vorbei geschafft hat, darf man etwas genießen, was heute, auch in Süddeutschland, selten geworden ist: Alle Tiere des Hofes leben in Freilandhaltung. Gerade Niederbayern ist dicht von Mastställen besiedelt.

Der biologisch arbeitende Betrieb wird von Anton Dapont und seiner Lebensgefährtin Gudrun Bielmeier bewirtschaftet. Beide sind Quereinsteiger. Gudrun war Konzertpianistin, Anton Geschäftsführer einer Recyclingfirma. Mit Anfang 50 war es dann genug, Anton gab seinen bisherigen Beruf auf und erfüllte sich den Traum von einer eigenen Landwirtschaft. Aufgewachsen in Vorarlberg hat er bereits als Bub auf Bergbauernhöfen gearbeitet, er wusste was ihn in der Landwirtschaft erwartet. Zudem war ihm von vornherein klar, dass er nicht dem konventionellen Weg folgen würde. Der Respekt vor dem Leben stand und steht für ihn auf dem Hof immer im Vordergrund.

 
Wo Schweine noch Schweine sein dürfen

Zunächst musste Anton jedoch eine Nische finden, in welcher sich das Konzept Nahrungsmittel ohne Zusatz von Chemie oder Pestiziden zu erzeugen und Fleischwaren von Tieren, die nicht gemästet werden sondern sich langsam entwickeln können – also ökologische und artgerechte Tierhaltung – verwirklichen lässt. So kam man auf Idee des Tier-Leasings.

Der Hausberghof begann seinen Weg mit Turopolje-Schweinen. Die Tiere, welche aus der Region Sawe in Kroatien kommen, sind robust, freundlich und ihr Fleisch ist von besonderer Qualität. Außerdem eignen sie sich bestens für die extensive Weidehaltung. Auch die Muttereigenschaften der Sauen sind hervorragend. Ein Grund für die Wahl des Turopolje-Schweins war auch, dass diese auf der Liste der bedrohten Haustierrassen stehen. Vor allem in den 90er Jahren, während des Balkan-Krieges, wurde die Zahl der reinrassigen Turopoljes stark dezimiert. Der Hausberghof will auch hier ein Zeichen setzen und alte Nutztierrassen bewahren.

Heute sorgen, neben Aubrauc-Rindern, Schafen und Hühnern, sieben Zuchtsauen auf 20 Hektar für genügend Nachwuchs. Sie leben ganzjährig im Freien, auch die Abferkelung findet draußen statt.  Zum Schutz vor Witterung stehen komfortabel eingestreute Hütten auf jeder Weide. Nur wenn es sehr kalt ist, kommen die Sauen manchmal für ein paar Tage mit ihren Frischlingen in eine Box. Die Sauen kennen sich von Kindesbeinen an und können deshalb jederzeit zusammen, in einer Rotte gehalten werden, wenn sie keine Ferkel führen. „Die Pflege von Weideschweinen“, sagt Anton „ist an sich keine aufwändige Geschichte, da Schweine sehr reinliche Tiere sind.“ Schlaf- und Fressplatz werden penibel sauber gehalten, gekotet wird immer an derselben Stelle.

Gedeckt werden die Damen von einem Eber, der ebenso frei läuft und mit der Sau seine Zeit verbringen darf, die gerade „in Stimmung“ ist. Trächtig werden die Zuchttiere im Durchschnitt drei Mal in zwei Jahren und zum Eber darf nur wer fit ist. Anton und Gudrun sehen sich ihre Sauen genau an und sorgen dafür, dass sie auch wieder ordentlich an Gewicht zulegen, wenn die Ferkel entwöhnt sind. Peggy, die älteste Dame derzeit, ist acht Jahre alt. Sie darf als erste Sau auf dem Hof hier ihren Lebensabend verbringen.

Gefüttert werden die Muttersauen im Sommer mit selbst gemähtem Gras, Obst und Brot von einer befreundeten Bäckerei. Im Winter besteht die Hauptmahlzeit aus gekochten Kartoffeln.

 
 „Ein sorgenfreies Schweineleben (bis zum Schluss)“

„Die betäubungslose Kastration ist auf dem Hausberghof kein Thema. Die männlichen Ferkel werden zwar kastriert, aber das von einer Tierärztin, die sie fachmännisch narkotisiert und nachbehandelt, genau wie unsere Haustiere. Nur das Einfangen der Ferkel stellt bisweilen eine große sportliche Herausforderung dar“, lacht Anton.

Wie auch in industriellen Betrieben ist es nicht möglich, alles, also Ferkel- „erzeugung“ und –aufzucht, unter einem Dach zu haben. Hier haben sich Anton und Gudrun mit zwei niederbayerischen Landwirten zusammen getan, welche nach den gleichen Grundsätzen Schweinehaltung betreiben und die Jungtiere aufziehen - in Freilandhaltung mit Hütten. Gefüttert wird auch hier mit hofeigenem Futter und Getreide.

Auch der Transport und die Schlachtung folgen höchsten Grundsätzen, und Stressvermeidung hat oberste Priorität. Die kleine Metzgerei befindet sich in einem nicht weit entfernten Ort und schlachtet nur einmal pro Woche. Auf dem Hausberghof werden bereits die Ferkel vor ihrem ersten Transport zur Aufzucht an den Transporter gewöhnt und in diesem schon Tage vorher gefüttert. Die Rotten bleiben immer zusammen. Selbst der Metzger ist immer wieder überrascht, wie ruhig die Schweine sind, erzählt uns Anton.

Die Idee bewährt sich. Wegen der großen Nachfrage nach Fleisch aus tiergerechter Haltung liegen die Wartezeiten für ein Ferkel derzeit bei etwa einem Jahr. Auf die Frage, ob man hier nicht der Versuchung erliege zu expandieren, erwidern Gudrun und Anton, das sei mit der momentan zur Verfügung stehenden Fläche nicht möglich, wenn man seinen Idealen nicht untreu werden will. Ein Ziel sei jedoch, mehr Landwirte für diese Art der extensiven Bewirtschaftung und Vermarktung zu gewinnen und ein größeres Netzwerk zu schaffen.

Wenn man sich die lebensfrohen Schweine hier auf dem Hof anschaut, kommt einem als Gast natürlich unweigerlich der Gedanke, ob denn alle Besteller ihr Schwein dann tatsächlich schlachten lassen, oder ob schon mal ein Kunde einen Rückzieher gemacht hat. Das sei noch nie vorgekommen, verneint Anton, da ja gerade Menschen, die sich zu diesem Weg entschließen, eben sehr genau darüber nachdächten was auf ihrem Teller landen soll.


Dieser Artikel von Edith Mews erschien auf provieh.de. Edith Mews ist in der Regionalgruppe München von PROVIEH.


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