Mein Wochenende auf einem Schweinezucht-Betrieb

Ein Erfahrungsbericht aus Ostfriesland

Wo kommt eigentlich unser Essen her? Wer kümmert sich um die Tiere, deren Fleisch wir essen? Wer sät das Getreide aus? Was für Probleme kommen dabei auf? Welchen Herausforderungen müssen sich Landwirt*innen stellen? Das sind alles Fragen, die ich mir als Stadtkind lange gestellt habe.

Ich bin früh mit vegetarischer und veganer Ernährung in Berührung gekommen und lebe nun seit zehn Jahren fleischlos, seit fünf sogar vegan. Durch die Aktion Hof mit Zukunft durfte ich vier Tage lang auf einem Schweinezucht-Betrieb mitarbeiten und konnte mich all die Fragen stellen, die mich beschäftigen.

Nach einer unkomplizierten Online-Anmeldung gab es ein Video-Treffen mit allen Aktivist*innen, die an der Aktion teilnahmen. Hier lernte ich die Menschen kennen, die hinter der Organisation stecken, aber auch diejenigen, die mit mir gemeinsam auf den Hof Sonnenschein in Aurich arbeiten würden – und alle anderen, die auf insgesamt 25 Höfen in ganz Deutschland aktiv werden durften.

Dann, genau genommen vom 9.-12. Juni, ging es auch schon auf den Hof nach Ostfriesland. Hier lernten wir die Familie Poppen kennen, die uns offen empfing. Bei dem uns zugeteilten Hof handelte es sich um einen seit 2019 Bioland-zertifizierten Schweinezuchtbetrieb. Am Abend der Anreise bekamen wir eine kleine Hofführung und eine Menge an Informationen über den Hof. Am nächsten Morgen ging es los mit dem Ausmisten des Stalls und dem Füttern der Tiere. Dies waren auch über die nächsten Tage neben dem Eier sammeln und Schweine streicheln unsere Hauptaufgaben.

Zu unserem Hofalltag gehörte außerdem das gemeinsame Essen mit den Mitarbeitenden des Hofs. Dadurch erlebten wir ein familiäres herzliches Landleben mit unterschiedlichen Menschen. Das Diskutieren über aktuelle landwirtschaftliche Themen kam dabei nicht zu kurz. Allgemein trafen wir auf allen Höfen auf offene Landwirt*innen, die mit ihrer Arbeit sehr transparent umgingen und sich unseren Fragen selbstkritisch stellten. Aus unseren Diskussionen haben wir Forderungen für eine zukunftsfähige Landwirtschaft erarbeitet. Dafür bekamen wir einige Hilfestellungen von den Organisator*innen. Somit waren die Gespräche zielgerichtet und fordernd, aber auch sehr fruchtbar.

Aktivist*innen und Landwirt*innen sind beide des Öfteren Vorurteilen ausgesetzt. Die Aktion Hof mit Zukunft hat auch dabei geholfen, diese Vorurteile abzubauen. Ich wurde trotz meiner veganen Ernährungsweise herzlich empfangen, auch wenn die Poppens zugaben, dass sie sich im Vorfeld Sorgen gemacht hätten, mit wem sie es zu tun bekommen. Allerdings bewahrheiteten sich die Sorgen nicht. Das lag daran, dass wir trotz unterschiedlicher Lebensweisen alle respektvoll miteinander umgegangen sind und dass wir Aktivist*innen letztlich weniger radikal waren, als wir vorher eingeschätzt wurden. Unser Ziel ist es nicht, andere Menschen für ihr Verhalten anzuprangern, sondern andere Perspektiven kennenzulernen, um gemeinsam von der Politik Lösungen für die existierenden Probleme zu fordern.

Ich glaube, ich kann für beide Seiten sprechen, wenn ich sage, dass wir mit einem positiven Gefühl aus dem Wochenende herausgegangen sind. Ich werde meinerseits auch in Zukunft kein Fleisch konsumieren, da ich der Meinung bin, man muss ein Tier selbst töten können, um das Fleisch zu essen. Aber ich bin froh, dass es Betriebe wie den Hof Sonnenschein der Familie Poppen gibt, die sich um die Tiere sorgen und ihnen bestmögliche Verhältnisse schaffen.

Im anschließenden Austausch mit den anderen Teilnehmenden stellte sich heraus, dass alle sehr zufrieden mit der Aktion Hof mit Zukunft von Wir haben es satt! waren. Es war eine großartige Erfahrung, die Spaß gemacht hat. Das Wochenende war für viele eine Herausforderung, egal ob durch andere Ansichten oder durch die körperliche Arbeit. Trotzdem – oder gerade deshalb – war es eine lehrreiche Erfahrung, die einen Blick über den eigenen Tellerrand zugelassen hat.


Carolin Lewandowska, 20, kommt aus Oldenburg und war eine vom 80 Teilnehmenden bei Hof mit Zukunft. Sie studiert Umweltwissenschaften und ihr liegt das Thema Agrarwende sehr am Herzen.


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