SD was? SDG!

Die globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung relevant machen

Vor mehr als einem Jahr beschloss die Staatengemeinschaft auf einem UN-Gipfel in New York die Agenda 2030 mit ihren Sustainable Development Goals (SDG). Verfolgt man die Debatten dazu, so wird die Bedeutung der Ziele oft nicht erkannt.

Die 17 globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung mit ihren 169 Unterzielen mögen auf den ersten Blick vielleicht komplex und schwer umsetzbar erscheinen. Dennoch: Sie wurden am 25. September 2015 von allen Staaten der Welt verabschiedet, um sie zum Kern der aktuellen und vor allem der zukünftigen nationalen und internationalen Politiken zu machen. „Business as usual“, so heißt es da, kann für niemanden eine Option sein – ob Politik, Wirtschaft oder Zivilgesellschaft.

Die Regierungen dieser Welt haben vieles akzeptiert, was vorher eher als Forderung von NGOs bekannt war: „Unsere Welt transformieren“, „Niemanden zurücklassen“ und „Ein Weiterso ist nicht akzeptierbar“ – das sind die Hauptüberschriften des weltweiten Handlungsaufrufs für die nächsten 14 Jahre bis 2030. Damit wurde ein Paradigmenwechsel eingeleitet, der einen neuen Referenzrahmen setzt: eine nachhaltige Entwicklung unter Achtung der Menschenrechte und der Grenzen des Planeten ist eine Gemeinschaftsaufgabe aller Länder, sowohl der Industrie- als auch der Schwellen- und Entwicklungsländer. Der gerade scheidende UN-Generalsekretär Ban Ki-moon spricht davon, dass es einen Plan B nicht gebe, da uns ein weiterer Planet nicht zur Verfügung stehe.

Transformation ist kein Kinderspiel

Die Umsetzung des Klimaabkommens von Paris und der Agenda 2030 gehören untrennbar zusammen. Und diese wird angesichts gut organisierter Interessen sicherlich kein Kinderspiel. Die Beschlüsse rütteln an den Fundamenten der gegenwärtigen Wirtschaftsweise, der aktuellen Ungleichverteilung von Reichtum und Macht, aber hinterfragen auch nicht-nachhaltige Lebensstile. Es ist damit zu rechnen, dass die Nutznießer des bisherigen Systems die sozialökologische Transformation nicht ohne Widerstand zulassen. Viel Druck werden in den nächsten Jahren die ärmeren Entwicklungs- und die Schwellenländer machen, die die SDG auch als Fortsetzung der nur zum Teil erfüllten Millennium-Entwicklungsziele (MDG) sehen. Wobei klar sein sollte, dass durch die sozialen und ökologischen SDG nun alle Staaten der Welt „Entwicklungsländer“ sind, sowohl die klassischen Entwicklungsländer als auch die – sozial und ökologisch – fehlentwickelten Industrie- und Schwellenländer. Ohne den Druck und die Kreativität der Zivilgesellschaft wird das nicht gelingen.

Weitere ambitionierte Beschlüsse notwendig

In Deutschland geht es derzeit, neben anlaufenden Anstrengungen auf Länderebene, um die beim Kanzleramt angesiedelte Neuauflage der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie, deren Entwurf sich erfreulicherweise im Sinne der Umsetzung der SDG nun tatsächlich an den 17 Hauptzielen der Agenda 2030 orientiert. Sie soll noch vor Jahresende vom Kabinett verabschiedet werden. Ganz klar ist: die Qualität der Nachhaltigkeitsstrategie bemisst sich unter anderem am Ambitionsniveau des deutschen Klimaschutzplanes 2050 – wenn es ihn denn gibt – und ebenso am Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschrechte (NAP), der die UN-Prinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte in Deutschland umsetzen soll.

Die deutsche G20-Präsidentschaft mit dem Gipfel in Hamburg am 7. und 8. Juli 2017 wird hoffentlich die internationale Umsetzung ambitioniert vorantreiben. Als wirtschaftlich stärkste Nationen müssen die G20-Länder im Interesse aller Mitglieder der Vereinten Nationen – vor allem der schwächeren – besonders kraftvoll liefern, damit die UN-Beschlüsse von 2015 tatsächlich umgesetzt werden können. Beim letzten G20-Gipfel Anfang September 2016 hat China die Themen SDG und „Grüne Finanzierung“ sowie die Pariser Beschlüsse auf die Agenda gesetzt, jetzt stehen Konkretisierungen und klare Zielvorgaben für die Umsetzung an.

Autor: Klaus Milke

Vorstandsvorsitzender von Germanwatch

In: Weitblick 03/16