Zum Hauptinhalt springen Skip to page footer

Wir melken den Planeten als gäbe es kein Morgen mehr

Es wird immer deutlicher, wie ungesunde Ernährungsweisen mit zu viel Fleisch und Milchprodukten die Klimakrise anheizen und den Kollaps der Natur herbeiführen. Zum „Earth Day“ gehen wir der Frage nach, wie gesünderes Essen in Schulen und Kantinen dabei helfen kann, die vielfältigen Herausforderungen zu meistern.

Am 22. April ist Earth Day, der Tag der Erde also. Ein guter Tag – im Grunde wie jeder andere auch – um über unser großartiges, geschundenes und begrenztes Zuhause namens Erde nachzudenken. Das Datum markiert auch in etwa den Zeitpunkt, an dem die Menschheit das planetare Budget erschöpft hätte, wenn alle wie Europäer*innen leben würden.

Das reichhaltige Buffet, das die Natur uns bereitstellt, haben wir nach gerade einmal fünf Monaten schon restlos abgeräumt. Bis in die 1970er Jahre konnte der Planet mehr geben als die Menschheit verbrauchte. Doch seither hat der Konsum zugenommen und heute übersteigt er die Fähigkeit der Erde sich zu regenerieren um ein Vielfaches.

Die Lebensmittel, die wir essen, tragen zu dieser enormen Überbelastung bei. Der WWF hat festgestellt, dass der Verbrauch von Forstprodukten, Weideflächen und Ackerland in der EU ein gutes Drittel des gesamten ökologischen Fußabdrucks ausmacht. Auch der jüngste IPCC-Bericht warnt, dass die Lebensmittelproduktion zu über einem Drittel der weltweiten Treibhausgasemissionen beiträgt und für 80 Prozent der Abholzung der Tropenwälder verantwortlich ist.

Eine einfache Möglichkeit den Klimakollaps zu bekämpfen und die Natur zu retten ist es, unsere Essgewohnheiten zu verändern und eine bessere Landwirtschaft zu fördern. Die Regierungen müssen dafür ihre Macht nutzen, um gesundes und nachhaltiges Essen verfügbarer und erschwinglicher zu machen. Denn einfach nur die Menschen über eine veränderte Ernährung aufzuklären funktioniert nicht, so die Warnung des jüngsten IPCC-Berichts.

Das größte Problem ist die Menge an Fleisch- und Milchprodukten, die wir konsumieren. Der Fleischkonsum in Europa ist doppelt so hoch und der Milchkonsum ist dreimal so hoch wie der weltweite Durchschnitt. In der EU werden fast zwei Drittel der Getreideernte an Tiere verfüttert, nur ein Drittel ist für den menschlichen Verzehr bestimmt. Drei Prozent werden zu Biokraftstoffen gemacht. Die europäische Viehwirtschaft ist in hohem Maße von Futtermittelimporten aus Ländern wie Brasilien abhängig. Diese Futtermittelproduktion verstärkt die Abholzung der Wälder, das Artensterben, die Umweltverschmutzung, den Einsatz von Pestiziden und den Wasserverbrauch. Außerdem werden so Anbauflächen belegt, die besser für die Erzeugung pflanzlicher Nahrungsmittel für den Menschen genutzt werden könnten.

Wissenschaftler*innen haben kürzlich Ziele für eine gesunde Ernährung und nachhaltige Lebensmittelsysteme vorgeschlagen, die den Planeten schützen. Sie betonen, dass es möglich ist, eine wachsende Bevölkerung zu ernähren, ohne dem Planeten zu schaden. Dafür ist aber eine beispiellose globale Umgestaltung des Lebensmittelsystems nötig. Dazu gehört auch eine deutliche Reduzierung von Lebensmitteln tierischen Ursprungs in Regionen, wo diese übermäßig konsumiert werden, wie z. B. in Europa.

Im Gegensatz zu der von der Agrarlobby vertretenen Doktrin der Intensivierung der Landwirtschaft ist es notwendig, die negativen Auswirkungen der Landwirtschaft auf die Natur zu verringern. Ein widerstandsfähiges Lebensmittelsystem muss auf saisonalen, lokalen Lebensmitteln aus ökologischer und kleinbäuerlicher Produktion beruhen, die auf den menschlichen Verzehr ausgerichtet ist.

Alle profitieren von einer Ernährung, die reicher an Obst, Gemüse und pflanzlichen Proteinen aus Hülsenfrüchten und Nüssen ist. Sie ist gesünder für uns – und für den Planeten. Aktuell haben wir allerdings vergleichsweise wenig Einfluss auf die Wahl unserer Lebensmittel. Die größte Verantwortung für die Veränderung unserer Lebensmittelumwelt – d. h. die Art und Weise, wie Zugang und Umgang mit Lebensmitteln gestaltet und welche Auswahl wir haben, bestimmen Politik und Einzelhandel.

Die staatliche Ernährungspolitik und die öffentliche Beschaffung von Lebensmitteln für die Schul- und Kantinenverpflegung können Anreize für eine gesündere Ernährung schaffen und diese unterstützen. Dazu gehören auch mehr Bio-Gerichte und weniger, aber besseres Fleisch. Jeder Cent, den die öffentliche Hand für gute Lebensmittel ausgibt, ist eine Investition in das städtische und ländliche Sozialgefüge und sorgt für mehr soziale Gerechtigkeit und Resilienz im Kampf gegen den Hunger in der Welt.

Macht mit bei der Umgestaltung der Lebensmittel- und Landwirtschaftssysteme in Europa und seid bei der Ernährungswende in den Kantinen dabei:

Beteiligt euch an der Kampagne Buy Better Food oder werdet Teil der Bewegung Healthy Food Healthy Planet!


Autor*innen:

Saskia Richartz, Kampagnenleitung vom Wir haben es satt!-Bündnis und der Kampagne Meine Landwirtschaft

Ruth Westcott, Kampagnenkoordinatorin der Food for the Planet Kampagne von Sustain: the alliance for better food and farming (UK)